Als auf dem Dreikönigszug das Windrad lief


Bereits vor fast 50 Jahren errichteten zwei Männer eine umweltschonende Stromanlage


Wer mit dem Pkw über die Autobahn in Richtung Trier fährt, dem oder der bietet sich auf der Freisener Höhe ein ungewöhnlicher Anblick. Wie auf einer Schnur aufgezogen, ragt eine ganze Anzahl von riesigen Betonmasten in den Himmel.
An ihrer Spitze drehen sich unablässig die riesigen Rotorblätter, als seien sie synchron geschaltet. Rund 3000 dieser alternativen Stromerzeuger wurden in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland aufgestellt. Ein Ende des Booms ist noch längst nicht abzusehen. Selbst auf dem Potzberg wird schon nach einem geeigneten Platz Ausschau gehalten.
Viele ältere Bürger, die in den Dörfern rund um den Potzberg wohnen, können sich noch entsinnen, dass es auf dem Dreikönigszug Anfang der 50-er Jahre schon einmal eine Windkraftanlage gegeben hat, die allerdings mit der Technik von heute in keiner Weise mehr zu vergleichen ist.


Zeit stehengeblieben


Auf dem Dreikönigszug ist für die sieben Häuser mit ihren 35 Bewohnern die Zeit - selbst nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges - seit der Jahrhundertwende stehengeblieben. Es gibt weder elektrisches Licht noch eine zentrale Wasserversorgung. Die Petroleumlaterne oder die schon etwas modernere Petromaxlampe gehörten zum wichtigsten Inventar eines jeden Hauses.


Einst ergiebige Zinnobergrube


In dem schummrigen Licht war abends an Lesen und Hausarbeit nicht zu denken, die Zimmer- decken glänzten ölig schwarz, und der Geruch des verbrannten Leuchtöls durchzog alle Stuben. Eine lähmende Dunkelheit senkte sich nachts über die kleine Siedlung, die immerhin von 1774 bis 1868 eine der ergiebigsten Zinnobergrube Deutschlands beherbergte.
Zwei Männer, die sich mit diesem Zustand auf Dauer nicht zufrieden gaben, fassten einen kühnen Entschluss, durch den Bau eines Windrades für ihre Wohnungen eine eigene Stromversorgung zu schaffen. Nach Besichtigung von zwei ähnlichen Anlagen bei Mackenbach und auf dem Einsiedlerhof stand der Plan fest. Die Arbeit konnte beginnen.
Mit Genehmigung des Gemeinderates von Mühlbach durften im Gemeindewald mächtige Tannen für das Bauholz gefällt werden. Auf einer quadratischen Fläche von 5,5 mal 5,5 Meter wurde an jeder Ecke ein Stamm etwa zwei Meter tief in die Erde eingegraben. Durch Aneinanderfügen mehrerer Hölzer entstand schließlich ein Gerüst von 17 Meter Höhe, außerdem drei Podeste, wovon das oberste vollständig aus Eisen gefertigt war.
 

Querverstrebungen gaben dem Bauwerk die nötige Stabilität. Das Hauptstück der Anlage, das Windrad, hatte einen Durchmesser von fünf Meter, seine 18 Blechschaufeln waren auf zwei Eisenkränze aufge- schraubt. Die Radachse, die sich um 360 Grad drehen konnte, gab ihre Rotationskraft auf ein starr befestigtes Differenzialgetriebe ab, das wiederum mit einer Kardanwelle und angeflanschter Keilriemenscheibe die Lichtmaschine in Gang setzte.     

Die große Fahne hatte die Aufgabe, die Schaufeln stets optimal in den Wind zu bringen, während die kleine Fahne bei starken Luftströmungen genau entgegengesetzt wirkte, indem sie mittels einer Druckfederverbindung zur großen Fahne dessen Anstellwinkel zum Rad veränderte und damit für Entlastung sorgte.
 


24 Volt Spannung


Der von der Lichtmaschine erzeugte Wechselstrom mit einer Spannung von immerhin 24 Volt gelangte über zwei Kupferlitzen an eine Batterieladestation, die mit zehn Nickel-Kali-Batterien gekoppelt war. Ohne weitere Umwege ging die Energie dann von hier aus an die einzelnen Verbraucherstellen.
Im rauhen Alltagsbetrieb hat die Anlage allerdings die in sie gesetzten Erwartungen nur teilweise erfüllt. Das lag zum einen am Standort, an dem keine günstige Windverhältnisse herrschten. Neben zeitweise totaler Windstille gab es andererseits auch heftige Luftwirbel, die einen kontinuierlichen Lauf des Windrades immer wieder hemmten. Heftiger Sturm riss es zweimal aus seiner Halterung, nur mühsam gelang wieder die Reparatur. Die Kapazität der Batterien erwies sich als weiterer Schwachpunkt. Denn trotz sparsamsten Verbrauchs war ihre Kraft bald erschöpft, wenn keine Nachladung erfolgte.


Der Zeit voraus


Als 1955 die Pfalzwerke den Dreikönigszug endlich in ihre Stromversorgung einbezogen, hatte die Anlage ihre Schuldigkeit getan. Resümierend lässt sich festhalten, dass die beiden Männer damals einen großen Wagemut besaßen, ein solches Projekt mit bescheidenen Hilfsmitteln überhaupt in Angriff zu nehmen. Mit ihrem Willen haben sie schon vor knapp 50 Jahren einen Weg beschritten, der in unserer heutigen Zeit im Bemühen um eine intakte Umwelt von größter Bedeutung ist.


Quelle: Die RHEINPFALZ (Westricher Rundschau), 28. Dezember 1995, Verfasser: Karl Emrich

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