Die TIEFBOHRUNGEN nach Steinkohle am Potzberg
 
Während der Quecksilberabbau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts am Potzberg langsam zu Ende ging, versuchten mehrere Geologen den Nachweis zu erbringen, daß im Innern des Berges große Mengen von Kohlen vorhanden sein müßten. Zwar war der Beweis über derartige Vorkommen durch die Grube "Bismarck" an der Streitmühle und  die Grube "Moltke" bei Eisenbach schon erbracht. Der Abbau konnte sich aber mangels technischer Möglichkeiten nur auf die schmalen Flöze in den Oberen Ottweiler und den Unteren Kuseler Schichten beschränken.
Der Potzberg als sattelförmige oder scheinbar kuppenförmige Erhebung wird von Schichten der Mittleren Ottweiler Stufe als Oberkarbon (Steinkohlezeit) gebildet. In der Altersbestimmung der aufgelagernden Oberen Ottweiler und Untere Kuseler Schichten hegte man die Hoffnung, in einer für den Bergbau erreichbaren Tiefe die flözreichen Saarbrücker Schichten vorzufinden. Das  Ergebnis einer Probebohrung bei Dittweiler ergab die unveränderte Fortsetzung der gesamten Schichten der Ottweiler Stufe in nordöstlicher Richtung. Die geringe Entfernung zu dem bereits im Abbau stehenden Teil des Kohlengebirges am Höcherberg der Grube Frankenholz ließ bei den Kennern der geologischen Verhältnisse die Anschauung aufkommen, das Vorhandensein der flözreichen Schichten der Saarbrücker Stufe nordöstlich vom Höcherberg als sicher vorauszusetzen. In einer Entfernung von ca. 20 km Luftlinie von der Grube Frankenholz zum Potzberg war jedoch der letzte Beweis über das Vorhandensein der Saarbrücker Schichten nicht gegeben, wenn auch in der über Tag zu beobachtenden Übereinstimmung der Ottweiler Schichten am Höcherberg und am Potzberg alle Indizien dafür sprachen.
 
Eine Bestätigung der Thesen, so glaubte man, konnte nur durch eine Tiefbohrung erbracht werden. Am 17. Oktober 1891 wurde durch ein "Rheinisches Konsortium" ein entsprechender Beschluß gefaßt und die Mittel dafür bereitgestellt. Mit der Ausführung wurde die Firma Lapp aus Aschersleben beauftragt. Mit den Arbeiten wurde im März des folgenden Jahres begonnen. Als besonders geeignet wurde eine Stelle im Tal des Spelgenbach auf der Gemarkung Gimsbach, am Südfuß des Potzberges ausgemacht. An diesem Punkt konnte bereits in die stark einfallenden Mittleren Ottweiler Schichten die Bohrung angesetzt werden. Die Bohrung wurde wie geplant bis zu einer Tiefe von 400 m niedergebracht. Das Ergebnis indessen war unbefriedigend. Zwar stieß man bei 251 m , bei 263 m und bei 331 m auf Kohlespuren, doch die Art und die Mächtigkeit ließ sich nicht feststellen.
Es kam reichlich Kohlenwasserstoffgas zum Vorschein. Wenn auch die Frage nach dem Vorhandensein der flözreichen Saarbrücker Schichten nicht gelöst werden konnte, so waren die Ergebnisse doch ermutigend genug, weitere Anstrengungen zu unternehmen.
 
Über das Ereignis berichtete die lokale Presse laufend mit widersprüchlichsten Meldungen und sorgte so bei der Bevölkerung für eine große Verwirrung. Nachstehend sollen einige der Schlagzeilen wiedergegeben werden :

Vom Glan, 29. März 1892

Mit der Bohrung nach Kohlen am Potzberg ist man jetzt 40 Meter tief. Bis jetzt geht die Bohrung durch lauter Sandsteine. Der Bohrunternehmer hat nach dem Vertrag 400 Meter tief zu bohren, wofür er den Betrag von 120 000 Mark erhalten soll.

Vom Potzberg, 13. Juli 1892

Gestern und heute wurden die Bohrungen daselbst von Erfolg gekrönt. Gestern wurde ein Kohlenflöz in einer Tiefe von 251 m und einer Mächtigkeit von 80-90 cm und heute eins von ca. 30 cm angebohrt.

Vom Potzberg, 18. Juli 1892

Der Bohrversuch scheint bald einen günstigen Erfolg zu haben. Die anderseitig erschienenen Berichte sind jedoch richtig zu stellen. Aus zuverlässiger Quelle von den Herrn Bohrmeister selbst, wird der Zweibrücker Zeitung mitgeteilt, daß bis jetzt 3 Flöze zum Vorschein kamen und zwar in einer Tiefe von 251 m mit 20 cm, bei 254 m mit 30 cm und bei 263 m mit 30 cm. Die ganze Tiefe beträgt bis jetzt 280 m, man glaubt, daß die Kohlen denen der Grube Frankenholz gleich wären.

Vom Potzberg, 17. September 1892

Der Bohrversuch ist nach einer Tiefe von 400 Meter ohne Erfolg geblieben und daher vorläufig eingestellt worden. Ob ein weiterer Versuch gemacht wird, ist bis jetzt noch nicht festgestellt.
 

Eine zweite Bohrung wurde noch im gleichen Jahr am "Wildfrauenloch" in der Gemarkung Rutsweiler gestartet. Die Ansatzstelle des Bohrlochs befand sich etwa 400 m unter der oberen Grenze des Potzbergsandsteins. Bei 281 bis 283 m Tiefe machte sich ein starkes, mit Schwefelkies imprägniertes Bruchgebirge bemerkbar, deren Verlagerung sich nach unten fortsetzte. Bei 320 m Tiefe mußte die Bohrung eingestellt werden. Das Bohrprofil verzeichnete nur bei 207 m Tiefe Kohlenspuren. In den erst ab 281 bis 320 m Tiefe gezogenen Kernen befanden sich lediglich Kaolinsandsteine und Schiefer.
Nach dem neuerlichen Fehlschlag wurden alle Aktivitäten bis auf weiteres eingestellt. Die ausführende Firma wurde für den Mißerfolg verantwortlich gemacht. Die Bohrgeräte seien für die Tiefe völlig ungeeignet, wie auch das Personal gar nicht auf der technisch und fachmännisch geschulten Höhe gewesen sei, um besonders in geologischer Hinsicht den gestellten Anforderungen gerecht zu werden, lauteten die Vorwürfe. Von der Firma wurden die Beschuldigungen unter Hinweis auf ihre langjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiet entschieden zurückgewiesen.
 
Im Jahr 1898 wurde im Auftrag der Credit- und Sparbank Leipzig ein erneuter Bohrversuch unter- nommen. Mit der Durchführung wurde diesmal die Firma Schäfermeyer aus Jagsthausen (Württemberg) beauftragt.


Die Bohrstelle am Spelgenbach (Repro Emrich)

Als Bohrpunkt wurde eine Stelle am "Gelben Wasser", dem Austritt von eisenreichem Wasser des Entwässerungsstollens der früher oberhalb betriebenen Quecksilbergrube "Davidskrone" bestimmt. Um eine möglichst große Tiefe zu erreichen, wurde mit einem Bohrdurchmesser von 73 cm begonnen, der sich nach unten bis auf 3 cm verjüngte.
Die Bohrung erreichte die respektable Tiefe von 1157 m, wovon bis zu 381,5 m das Abteufen mit Meißel und von dort mit Kernbohrung bewirkt wurde.
Trotz bester Vorbereitungen war auch diesmal das Ergebnis unbefriedigend. Zwar ließen sich in den Unteren Ottweiler Schichten bei 773 m, bei 809m und bei 863 m Faunpartien und in den Mittleren Saarbrücker Schichten zwischen 1000 und 1100 m Pflanzenreste feststellen, deutliche Flöze konnten aber nicht ausgemacht werden. Dem Unternehmen gelang es nicht, Kerne von guter Kohle zu erhalten, lediglich kohlige Einlagerungen nach dem Bohrregister wurden nachgewiesen. Auch hatte sich das Spülwasser in der Tiefe von über 1100 m mehrmals durch Kohlepartikelchen so schwarz gefärbt, daß die Frauen in Rutsweiler tagelang an ihrer Waschstelle nicht waschen konnten. Dieses schwarze Wasser kann nicht vom roten Potzbergsandstein, sondern nur von durchteuften Kohlenflözen sein, argumentierte man. Am 25. Mai 1901 wurde der Bohrbetrieb eingestellt.
Ein vierter und letzter Bohrversuch wurde unmittelbar danach am "Neunkirchner Feld" gestartet. Die Bohrstelle befand sich östlich vom Langenfeldwald im freien Feld, etwa ein km westlich von Neunkirchen entfernt. Auftraggeber war hier wieder ein rheinisches Konsortium, dem auch Engländer und Franzosen angehörten. Die Bohrung soll eine Tiefe von 1200-1300 m erreicht haben. Über die Bohrresultate ist nichts bekannt geworden. Jedenfalls wurde man nicht fündig.

Trotz der negativen Ergebnisse versuchten verschiedene Geologen noch bis Ende der zwanziger Jahre den Nachweis riesiger Steinkohlemengen in der bayerischen Rheinpfalz in dem Gebiet von Kusel, Wolfstein und Meisenheim zu erbringen. Die Gesamtmenge, die in 21 Steinkohlefeldern vermutet wurde, bezifferte man, ohne die Saarbrücker Flöze, auf nicht weniger als 11,5 Millionen Tonnen. Nach ihrer Auffassung sollte der Potzberg einmal das Zentrum für den Abbau der Saarbrücker Steinkohle in der bayerishcen Westpfalz werden. Es gab aber auch Fachleute, die den Optimismus nicht teilten. Nach ihrer Ansicht haben sich die mächtigen und abbauwürdigen Saarflöze nicht bis hierher in die Westpfalz fortgesetzt. Auch sollen in politischer Hinsicht besonders partikularistische Strömungen eine erhebliche Rolle gespielt haben. Den preußischen Bergbeamten und dem preußischen Staatsbergbau an der Saar wurde unterstellt, daß es nicht gern gesehen würde, wenn die benachbarte bayerische Westpfalz die Fortsetzung des Saarbrücker Steinkohlenvorkommens beherbergen würde. Die Landesgrenze zwischen Preußen und Bayern sollte auch eine geologische Grenze sein.

Um die Kohlenvorkommen am Potzberg ist es inzwischen still geworden. Ob die Suche nach ihnen jemals wieder aufgenommen wird, muß bezweifelt werden. Von den Bohrstellen ist heute nichts mehr zu sehen, nur einige ältere Bürger können sich noch an die ungefähren Plätze erinnern.

 

Quelle: Westrichkalender Kusel 1991, S. 151-154, Verfasser: Karl Emrich

Literatur:
Die Tiefbohrungen am Potzberg in der Rheinpfalz von A. Leppla
Der Bergbau in der Westpfalz von P. Altpeter
Erläuterungen zu dem Blatt Kusel Nr. XX der Geognostischen Karte des Königreiches Bayern über den Steinkohlenfelder-Komplex von 21 Feldern in der bayerischen Rheinpfalz zwischen Kusel-Wolfstein-Meisenheim, Verfasser unbekannt
Eigene Unterlagen

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